Was schreibt Jesus auf die Erde?
Joh.7,53 – 8,11
Jesus und die Ehebrecherin
Jesus aber ging zum Ölberg. Am frühen Morgen kam er wieder in den Tempel; als das ganze Volk zu ihm kam, setzte er sich und lehrte es. Da brachten die Schriftgelehrten und Pharisäer eine Frau, die beim Ehebruch ertappt worden war. Sie stellten die Frau in die Mitte und sagten zu ihm: Meister, diese Frau wurde beim Ehebruch auf frischer Tat ertappt. Mose hat im Gesetz befohlen, solche Frauen zu steinigen; was sagst du dazu? Mit dieser Frage wollten sie ihn auf die Probe stellen, damit sie einen Grund hätten, ihn zu verklagen. Jesus aber bückte sich und schrieb mit dem Finger auf die Erde. Als sie nicht aufhörten, ihn zu fragen, richtete er sich auf und sagte zu ihnen: Wer von euch ohne Sünde ist, werfe als erster einen Stein auf sie! Und er bückte sich wieder und schrieb auf die Erde. Als sie seine Worte hörten, gingen alle nacheinander fort, zuerst die ältesten; Jesus blieb allein zurück mit der Frau, die in der Mitte stand. Er richtete sich auf und sagte zu ihr: Frau, wo sind sie? Hat dich keiner verurteilt? Sie antwortete: Keiner, Herr! Da sagte Jesus zu ihr: Auch ich verurteile dich nicht. Geh und sündige von jetzt an nicht mehr!
Beim Gleichnis „Jesus und die Ehebrecherin“ sehen wir uns mit einer besonders bildhaften Szene konfrontier. Jesus predigt, als er plötzlich durch lautes Geschrei unterbrochen wird. Tumultartig nähert sich ihm eine Gruppe von Leuten, die eine Frau mit sich zerren. Sie stoßen die Frau vor Jesus hin, der Kreis der Männer hinter ihr ist bedrohlich nahe, eine Flucht ist für sie unmöglich. Die Menschen die das Wort Jesu hören wollten, sind vor der gewaltbereiten Menge zurückgewichen und stehen nun hinter Jesus. Die Frau ist beschämt, sie wird öffentlich gedemütigt und weiß, dass ihr Leben bald auf grausame Weise beendet wird. Kann sie es wagen, auf Hilfe zu hoffen, von Jesus? Dieser Mann, der sich nicht durch die heftigen Anklagen beeindrucken lässt, der sich bückt, und mit dem Finger auf die Erde schreibt? Diese Ruhe gebietende Art, lässt wohl einen Ankläger nach dem anderen hinter Jesus treten um nachzusehen, was Jesus schreibt. Wer gelesen hat und dann hört, was Jesus sagt: „Wer von euch ohne Sünde ist, werfe als erster einen Stein auf sie“ blickt betreten zur Seite und verlässt den Platz. Schließlich gehen alle weg. Keiner wagt zu handeln.
Was hat Jesus auf die Erde geschrieben, das so mächtig war, dass keiner der Schriftgelehrten dagegen etwas zu sagen wagte? Was hat Jesus zwischen sich und der Ehebrecherin aufgerichtet, dass auch kein Pharisäer gegen seine Worte: „Wer von euch ohne Sünde ist, werfe als erster einen Stein auf sie“ Anklage erheben konnte?
Es war das Gesetz Mose, welches Jesus auf die Erde schrieb, klar und deutlich, Wort für Wort. Jesus brauchte nicht zu argumentieren, denn die schreiende Menge wollte keine Verteidigungsrede hören. Seine überraschende Handlung, sich zu bücken und auf die Erde zu schreiben, verblüffte die Leute und erweckte Neugier. Sie traten hinter Jesus und damit in den Bann des Gesetzes, welches ihnen Mose gegeben hatte. „Der Ehebruch mit einer verheirateten Frau: Wenn ein Mann dabei ertappt wird, wie er bei einer verheirateten Frau liegt, dann sollen beide sterben, der Mann, der bei der Frau gelegen hat, und die Frau. Du sollst das Böse aus Israel wegschaffen.“ Wo ist der Ehebrecher, wo ist dieser Mann? Wer hat überhaupt den Ehebruch entdeckt? Die meisten in der Menge sind nur Mitläufer, auf wessen Aussage berufen sie sich? Müssten Sie vor Gericht, was sollten sie dann aussagen? Hat Mose doch bestimmt in dem Gesetz: „Die falsche Aussage vor Gericht: … Leben für Leben, Auge für Auge, Zahn für Zahn, Hand für Hand, Fuß für Fuß.“ Da wollen alle doch lieber nicht richten, um nicht selbst gerichtet zu werden.
Jesus höhlt damit nicht durch Barmherzigkeit das Gesetz aus, sondern er pocht im Gegenteil darauf, dass das Gesetz Mose Wort für Wort eingehalten wird. Er schreibt jedoch ein weiteres drohendes Gesetz Mose in den Sand, jenes der Vergeltung bei falscher Zeugenaussage und zitiert damit Ankläger und Angeklagte gleichermaßen vor Gott.
Seine Barmherzigkeit einem reuigen Sünder gegenüber ist grenzenlos, und lässt uns seine Liebe zu den Menschen abermals tröstlich erkennen.